Tobias Kroeger, Jahrgang 1977, lebt und arbeitet in seiner Heimatstadt Bremen. In den 90er Jahren durch Graffiti sozialisiert, arbeitete er lange Zeit als Grafikdesigner. Während dieser Zeit beschäftigte er sich immer nebenher mit Kunst und Graffiti. 2010 beschloss er, den Beruf des Grafikdesigners aufzugeben und sich als freischaffender Künstler hundertprozentig der Malerei zu widmen.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Ich wurde Anfang der 90er Jahre durch Graffiti sozialisiert. Ich begann 1992 mit dem Graffiti-Sprühen und begann mich intensiv damit auseinanderzusetzen. Ich war damals tief in der Szene drin und lernte dort meine besten Freunde kennen, aber auch die vielen Regeln der Szene. Parallel war ich relativ früh in der Bremer Hausbesetzerszene aktiv, wo es sehr wenige Regeln gab und der DIY-Gedanke extrem präsent war, was letztendlich zu einem Konflikt in meiner Sicht auf Graffiti führte. Eine Szene hatte sich selbst ein Regelwerk auferlegt, das man nicht brechen durfte, und diese Tatsache führte mich weg vom klassischen Graffiti hin zu experimentellen Positionen. Um 2005 herum begann ich mich mehr für Horst Janssen zu interessieren als für einen Loomit oder ein CanTwo und ab da würde ich sagen, ich mache Kunst.
Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben? Was macht Ihre Arbeit besonders?
Im kunsthistorischen Kontext würde ich sagen: Neoexpressionismus, COBRA unter dem Einfluss von Graffiti und alles vermischt, um etwas Neues zu schaffen. In den letzten 10 Jahren war ich sehr sprunghaft auf der Suche nach einer neuen Position; es gab viele verschiedene Versuche und große Brüche, die mich schließlich zu dieser Bildsprache geführt haben. Mir war es immer wichtig, eine starke eigene Position zu haben und vor allem der Malerei etwas Neues hinzuzufügen.

Wie gehen Sie bei der Entwicklung Ihrer Arbeit vor?
Mit meiner Arbeit suche ich diese Spannung des freien, schnellen Zeichnens. Mich interessiert es sehr, diese Kraft auf große Formate zu übertragen. Mein Arbeitsprozess sieht so aus: Ich zeichne viel, jeden Tag, viele Skizzen, die spontan entstehen. Oft entstehen diese Zeichnungen unter stressigen Bedingungen, wenn die Kinder um mich herumwuseln, der Postbote klingelt oder meine Frau neben mir telefoniert. Ich suche aber auch diese Unruhe, um nicht zu konzentriert an den Skizzen zu arbeiten, denn dann geht die Spannung verloren. Diese Skizzen bilden dann die Grundlage für weitere Arbeiten, sozusagen das Fundament für die größeren Formate.
Wer oder was beeinflusst Sie?
Mich interessieren auf jeden Fall die Neoexpressionisten, wie Wool, Baselitz, Kirkeby usw. Ich schaue sie mir immer noch gerne an, aber auch Zeitgenossen, insbesondere Künstler aus dem sogenannten Post-Graffiti, die derzeit sehr spannende Positionen haben. Ich beobachte diese Künstler genau und bewundere sie oft für ihre Arbeit, und irgendwie bin ich immer ein bisschen stolz, zu dieser Kunstepoche zu gehören.

Machen Sie uns neugierig. Was ist als nächstes geplant?
Momentan gehe ich mein Archiv durch und stelle meine Zeichnungen zusammen, sortiere und sondiere und hoffentlich kann ich bald aus diesen Skizzen ein Buch machen. Ich bin noch auf der Suche nach einem Verlag, aber wenn alles klappt, erscheint es hoffentlich 2023.